Der digitale Nachlass - Eine Reflexion über unsere digitale Existenz

 

Durch die Digitalisierung und ständigen Vernetzung hat sich unser Lebensstil in den letzten zwei Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Unsere Präsenz beschränkt sich nicht mehr nur auf die physische Welt, sondern ein Großteil unseres Alltags findet inzwischen auch online statt. Diese Digitalität bringt natürlich ganz neue Herausforderungen mit sich, was sich nicht nur auf unser Leben auswirkt. Inzwischen sollte man auch bedenken, dass man auch einen digitalen Nachlass hat und dafür verschiedene Dinge bedenken sollte. Erfahren Sie jetzt, was ein digitaler Nachlasse genau ist und was es zu beachten gilt!

Verstehen, was ein digitaler Nachlass wirklich ist

Der Begriff "digitaler Nachlass" mag auf den ersten Blick neu oder fremd erscheinen, aber bei genauerer Betrachtung ist er gar nicht so verschieden vom regulären Nachlass. Jeder von uns hinterlässt beim Nutzen des Internets und verschiedener Dienste darin digitale Spuren. Diese reichen vom vergleichbar harmlosen täglichen Aktivitäten wie dem Teilen von Bildern auf auf verschiedenen Plattformen über das Verfassen von E-Mails bis hin zum Online-Einkauf. Doch auch weitaus sensiblere Daten wie die Verwaltung des eigenen Kontos und persönliche Dokumente werden zunehmend digitalisiert oder sind sogar nur noch digital zu verwalten.

Doch während wir im physischen Leben oft Vorkehrungen für den Umgang mit unserem Vermögen nach unserem Tod treffen indem wir ein Testament, Lebensversicherungen und andere rechtliche Instrumente nutzen, wird der digitale Nachlass oft vernachlässigt. Bei den Bankkontoinformationen, die direkt mit unserem Vermögen verknüpft sind, mag das noch recht unproblematisch sein. Anders sieht es jedoch bei den Zugängen zu den verschiedenen Plattformen aus, auf denen wir persönliche Daten hinterlegt oder Serviceleistungen gebucht haben.

Dort kann es sein, dass nach dem eigenen Ableben niemand mehr Zugang hat und entsprechende Dienste kündigen oder Daten aus dem Internet nehmen könnte. Alle Daten oder Services, die man bei einem entsprechenden Dienst hat gehören jedoch zum Nachlass der Person und werden als digitaler Nachlass bezeichnet.

Die verborgenen Hürden des digitalen Nachlasses

Es gibt eine Vielzahl von Problemen, die sich im Zusammenhang mit dem digitalen Nachlass ergeben. So können zum Beispiel Abonnements unbemerkt weiterlaufen bis das Erbe abgewickelt wurde, was ungewollte Kosten verursacht oder sogar zu Mahnungen führt, da ja auch kein Einkommen mehr besteht. In der Regel sind entsprechende Mahnungen durch den Tod des Betreffenden zwar erstmal Gegenstandslos, können aber dennoch eine zusätzliche Belastung darstellen. Erst recht, wenn diese dann im weiteren Verlauf direkt auf den Erben übertragen werden.

Eines der dringlichsten Probleme ist jedoch, dass der Schutz unserer digitalen Daten nach unserem Ableben nicht mehr zwingend gewährleistet ist. Die Übernahme eines entsprechenden Kontos in den sozialen Medien durch Unbefugte wird zum Beispiel nicht mehr oder zu spät bemerkt, was in einer Zeit, in der Datenschutzbrüche und Identitätsdiebstähle häufig vorkommen, gravierende Folgen haben kann. Es besteht das Risiko, dass persönliche Informationen und sensible Daten in die Hände Dritter gelangen und missbraucht werden. Die rechtlichen Dimensionen sind dabei noch keinesfalls umfassend geklärt

Viele Online-Plattformen und -Dienste haben inzwischen unterschiedliche Richtlinien und Bedingungen für den Umgang mit den Konten Verstorbener erarbeitet. Teilweise bieten die Plattformen auch schon Funktionen an, die den Umgang mit dem Konto eines Verstorbenen regeln sollen, dennoch ist das noch lange nicht bei allen der Fall. Obendrein kann genau das auch zu weiteren Unstimmigkeiten führen. Es kann zum Beispiel passieren, dass jemand anderes als der eigentliche Erbe bei einer Plattform als Verwalter des jeweiligen Kontos eingetragen wurde. In so einem Fall ist dann beispielsweise ein Angehöriger der rechtmäßige Erbe, bekommt jedoch keinen Zugriff auf Konten die dem Verstorbenen gehörten.

Ein weiteres Problem besteht darin, ob der digitale Nachlass wirklich nur in den jeweiligen Daten des Verstorbenen besteht oder auch den wirklichen Zugang zu den jeweiligen Konten beinhaltet. In einen entsprechenden Fall wollten die Eltern auf das Facebook Konto ihrer verstorbenen Tochter zugreifen und haben sich an Facebook gewandt. Zuerst hat Facebook den Eltern den einen Zugriff auf die Daten komplett verweigert, das Konto jedoch in einen Gedenkzustand versetzt. Nach einem Rechtsstreit den die Eltern gewannen, haben sie einen Datenträger mit allen Dokumenten von Facebook bekommen. Die Eltern, die sich von dem Zugang zusätzliche Erklärungen über den Tod ihrer Tochter erhofft hatten, reichte diese reine Datensammlung nicht aus, da sie nicht das gleiche Erleben wie bei der Nutzung des Kontos repräsentierten. In einem weiteren Verfahren stellte dann der BGH fest, dass der, von den Eltern im ersten Verfahren geforderte, "Zugang" auch wirklich bedeutet, dass diese Zugriff auf das entsprechende Konto erhalten und die Datensammlung nicht ausreichend ist. Letztendlich haben die Eltern nach dem zweiten Urteil und insgesamt acht Jahre nach dem Tod ihrer Tochter endlich den Zugriff auf das Facebook Konto bekommen.

Die Notwendigkeit professioneller Beratung

Angesichts der oben genannten Herausforderungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass man sich rechtlich entsprechend absichert und Vorkehrungen trifft indem man entsprechende Informationen oder Vollmachten zum digitalen Nachlass auch in seinem Testament hinterlegt. Inzwischen gibt es auch Erbrechtsanwälte, die entsprechende Beratungen zum digitalen Nachlass und individuelle Lösungen anbieten. Sie können dabei helfen, Pläne zu erstellen, die sicherstellen, dass alle digitalen Daten, Konten und Erinnerungen so behandelt werden, wie es der Verstorbene gewünscht hätte.

Digitaler Nachlass - Schon lange keine Randerscheinung mehr

In unserer heutigen Zeit müssen wir unser Verständnis von Nachlass und Erbschaft unbedingt erweitern. Unsere Online-Existenz kann genauso wertvoll und bedeutungsvoll sein wie unser physisches Erbe. Es liegt in unserer Verantwortung, sicherzustellen, dass dieser Aspekt unseres Lebens mit der gebührenden Sensibilität und Vorsicht behandelt wird. Es ist eine Anerkennung unserer vollen Existenz in dieser vernetzten Welt und ein Zeichen des Respekts gegenüber denen, die wir zurücklassen.

Gerne helfen wir Ihnen mit unserer Erfahrung auf diesem Gebiet weiter so gut wir können!

 

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